Bereits im 16.Jahrhundert gelangten Untertanen deutscher Fürstentümer
- aufgrund von Anwerbungen - ins Zarenreich. Ein Blick auf ihr berufliches Wirkungsfeld
macht deutlich, dass es sich in erster Linie um Militärexperten handelte, aber
auch um Verwaltungsbeamte, Ärzte, Handwerker oder Techniker. Diese Experten bildeten
eine Elite, die - vornehmlich unter Peter I. (1682-1725) - zur Modernisierung
der Wirtschaft, der Verwaltung und des Militärs beitrugen.
Siedler aus deutschen Fürstentümern gelangten zuerst unter Katharina II. (1762-1796)
nach Rußland, genauer gesagt in die Steppenbebiete der unterer Wolga,
die ihnen zur landwirtschaflichen Nutzung zugewiesen worden waren. Die politische
Lage in den deutschen Fürstentümern war durch den Siebenjärigen Krieg (1756-1763)
sehr unsicher. Neben den harten Lebensbedienungen, die der notwendige Wiederaufbau der
Länder mit sich brachte, war vor allem die Verfolgung von Religiongemeinschaften bedrückend.
Auf der Suche nach einem Leben in wirtschaftlicher Sicherheit und Freiheit
vor religiöser Verfolgung erschien vielen Bewohnern aus Hessen, der Pfalz, Nordbayern,
Nordbaden und dem Rheingebiet die Anwerbung der Zarin Katharina so attraktiv, dass sie
dem Aufruf folgten. Sie waren zumeist bäuerlicher Herkunft.
Zwischen 1764 und 1767 entschiden sich 27.000 Siedler aus deutschen Füstentümern
zur Auswanderung in die Wolgagebiete. Zur gleicher Zeit wurden nahe St.Petersburg und im Schwarzmeergebiet
deutsche Siedlungen gegründet. Gegen Ende des 19.Jahrhunderts wurden auch in Kasachstan und Mittelasien
Tochterkolonien errichtet.
Die nächste Gruppe deutscher Einwanderer kam unter Alexander I. (1801-1825) nach Rußland.
Zur dieser Zeit wurden in Gebieten der heutigen Ukraine, der Krim, des Transkaukasus und
Bessarabiens Siedler angeworben. Zwischen 1793 und 1914 hatten die deutschen Siedlern in Rußland
mehr als 3.000 Kolonien im europäischen Teil des Russischen Reiches, im
Kaukasus und Sibirien gegründet.
Die deutschen Siedler waren wirtschaftlich erfolgreich erfolgreich; zum einen war dies ihrer Disziplin und ihrem Streben
nach effektiver Produktion zuzuschreiben, zum anderen kamen sie in den Genuß
der Privilegien der Russischer Regierung. Durch ihre Wirtschaftserfolge, aber auch durch ihre sprachliche und religiöse Andersartigkeit entstanden Spannungen mit der
russuscher Bevölkerung, die von panslawistischen Kräften aufgegriffen wurden. Reformer
Alexander II. (1855-1881) nahmen schließlich im Jahre 1871 zum Teil die Vorrechte zurück, die den Kolonisten gewährt worden waren. Sie wurden von diesem Zeitpunkt
an wie "russische Bürger" behandelt und hatten auch Militärdienst zu leisten. Vor allem die
allgemeine Pflicht zum Militärdienst veranlaßte daraufhin zahlreiche deutsche Siedler ins Ausland oder
nach Mittelasien abzuwandern.
Trotz der veränderten Bedinungen, dass heißt Verlust von Privilegien, blieben die meisten
deutschen Einwanderer im Land. Ihre Zahl und regionale Verteilung wurde durch die erste allgemeine Volkszälung
im zaristischen Rußland (1897) festgehalten. Aus ihr geht hervor, dass damals 1,8 Millionen Deutsche, das
hieß deutschsprachige Personen, im russischen Reich lebten:
- 22% im Wolgagebiet
- 21% am Schwarzen Meer
- 9% im Ostseeprovinzen
- 23% im vormaligen Königreich Polen
- weniger als 1% in Mittelasien und Sibirien.
Bis zum Jahre 1914 wuchs die deutsche Bevölkerung in Rußland nochmals relativ stark auf insgesamt
2,4 Millionen an. Die Verteilung auf die verschiedene Siedlungsgebiete hatte sich nur sehr geringfügig
geändert.
Der 1. Weltkrieg verschlechtete die Lebensbedinungen der Deutschen. Aufgrund eines Gesetzes von 1915 wurden
die Deutschen als Angehörige der feindlichen Nation deportiert, die innerhalb einer 150 km breiten Zone
entlang der Westgrenze des Russischen Reiches, der Ostseeküste und des Schwarzen Meeres lebten. Etwa
150.000 Deutsche aus Wolhynien wurden in den Osten gebracht, wobei viele den Transport nicht überlebten.
Diese Deportation wurde durch die Revolution von 1917 verhindert.
Die Sowjetregierung hatte bereits 1917 die Gleichberechtigung aller Nationalitäten proklamiert, die auf
russischer Territorium lebten. Für die Deutschen gab dies den Anstoss dazu, nationale Interessenvertretungen
zu bilden. Durch die Erhebung des 1918 gegründeten autonomen Gebiets der Wolgadeutschen zur Autonomen
Sozialistischen Sowjetrepublik im Januar 1924 wurde für die dort lebende deutsche Bevölkerung das
Ziel der nationalen Autonomie in der Sowjetunion annähernd erreicht. Die Autonomie Wolgarepublik diente
der deutschen Bevölkerung als politischer und ökonomisches Zentrum, das für ihre Identitätsbildung
eine herausragende Bedeutung erhielt.
Der Zweite Weltkrieg und seine Folgen
Die sowjetische Regierung hatte sofort nach Kriegsaufbruch aus Furcht vol Kollaborationen der Deutschen mit
der einmarschirenden Wehrmacht die Deportation aller im westlichen Teil der UdSSR lebenden Deutschen nach
Sibirien, Mittelasien und Kasachstan angeordnet. Grundlage dafür war ein Dekret des Präsidiums des
Obersten Sowjets der UdSSR vom 28. August 1941 "Über die Umsiedlung der in den Rajons des Wolgagebiets
lebenden Deutschen".
Bereits im Juni 1941 begannen dann die Deportationen. Die wurden in tage- bzw. wochenlanger Fahrt in die
Deportationsgebiete gebracht. Schon von 1941 an wurden die Männer, später auch die Frauen in die
sogenannte Arbeitsarmee eingerufen, wobei sie in der Taiga, in Kohlgruben, auf Baustellen für künftige
Werke im Ural zu arbeiten hatten.
Die sowjetische Behörden wiesen im Laufe des Zweiten Weltkrieges insgesamt 949.829 Deutsche in Sondersiedlungen ein. Die
grösste Gruppe, 446.480 Personen, kam aus der aufgelösten Wolgarepublik, 82.900 mussten die Ukraine
verlassen und 46.356 den Transkaukasus.
Erst im Dezember 1955 wurde die deutsche Bevölkerung amnestisiert und aus Sondersiedlungen entlassen.
Es war ihnen jedoch nicht gestattet, in ihre früheren Heimatgebiete zurückzukehren, und sie mussten
auf ihr dort zurückgelassenes Vermögen ausdrücklich verzichten. Dennoch erhielten sie
ihre Bürgerrechte zurück.
Aus dem hohen Norden und aus klimatisch sehr rahuen Gebieten Sibiriens mit ungünstigen Arbeitsbedienungen
zogen viele Deutsche nach Westsibirien, nach Kasachstan und Kirgisien. Dort war die Klima günstiger als
auch die Chance groß, einen Arbeitsplatz zu finden. Ein weiteres Motiv zur Migration lag in der
Familienzusammenfürung begründet, da die Kriegsereignisse zahlreiche Familien auseinandergerissen hatten.
Für die Deutsche waren diese Landesteile noch deswegen attraktiv, weil sie hier nicht so stark dieskrimitiert
wurden wie im Rußland, wo die Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg noch lebendig waren. Im Jahre 1989
wohnten in Kasachstan nach der Volkszählung 957.518 Deutsche. |